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POTJIEKOS . Abendessen auf afrikanisch . 2009

Eine Einladung zum Abendessen zu Juanita. „Kommt gegen 5 Uhr“, hatte sie uns eingeschärft, es gäbe ein typisch afrikanisches Essen. Voll Freude und mit leerem Magen machen wir uns auf den Weg, Norbert und ich, in den Farbigen-Stadtteil Manenberg. Zuvor hatte ich noch eingekauft, einen dicken frischen grünen Salat sollte es zum traditionellen Essen geben.

Angekommen – große Wiedersehensfreude, wir kennen uns schon seit einigen Jahren. Wir sehen das kleine Haus, den mit Betonmauern umgrenzten Außenbereich, wir machen einen kleinen Rundgang durch die unmittelbare Umgebung – Häuser, Shacks, Spielplatz, wenig Grün im Viertel, wenige Menschen draußen, in einigen Häusern grünt und blüht es – das fällt auf in einem ansonsten eher staubigen Viertel. In mehreren Häusern werden wir vorgestellt und herzlich begrüßt – es sind Freunde oder weitere Verwandte von Juanita; sie möchte, dass wir uns ein Bild machen vom Umfeld, in dem sie lebt.

Zurückgekommen – beginnen wir mit den Vorbereitungen fürs Essen. Vorsichtig frage ich, ob ich den Salat schon ansetzen soll. Ich habe alles mitgebracht – die Gewürze, Essig und Öl, Kräuter, grünen Salat und Tomaten. Mittlerweile sind schon andere Gäste angekommen, es wird geredet, ausgetauscht, gelacht. – Juanita beginnt, den eisernen Topf, der direkt über der Flamme kochen wird, zu säubern und mit Zwiebeln und Fleisch zu befüllen, anbraten, Wasser aufgießen, wieder köcheln lassen, es kommt Gemüse hinzu, immer mehr, immer mehr. Voll Staunen sehe ich diesem Schichten und in-den-Topf-Drücken zu. Es sind bestimmt schon um die 15 Gäste da – und immer mehr Kinder drängen sich in den kleinen Raum, mitgebracht oder von draußen, aus der Umgebung – ich weiß es nicht. Sie spielen, sie toben und lachen und bringen dieses unbändige Leben in die Bude.

Ich erinnere mich, dass irgendwann mein Magen in den Kniekehlen hing. Die wohligen Düfte des Kochtopfs um die Nase, die vielen Gespräche, das Kindergewimmel, lange schon war es dunkel draußen. Der Salat hing zusammengefallen in der Schüssel – na ja, bei sommerlichen Temperaturen sind drei Stunden ohne Kühlung für den stärksten Blattsalat eine sportliche Herausforderung.

Endlich, irgendwann begann die feierliche Verteilung des Gerichts an die Menschen im Raum – wir als Gäste bekamen zuerst. Das war mir fast peinlich – und ich ließ mir ganz wenig geben. Stattdessen verteilte ich den Salat auf unglaublich viele Teller, immer nur ein bisschen, damit alle etwas abbekämen vom „German salad“. Immer mehr standen in der Reihe – und als es keine festen Teller mehr gab, wurden Pappteller gezückt und das Essen auf wackeligem Untergrund weiterverteilt.

Und als die letzte Schöpfkelle ausgeteilt war, trat unmittelbar eine unglaubliche Stille ein. – Nie werde ich das Bild vergessen: jeder konzentriert über seinen Teller gebeugt, die vielen Kinder sitzend auf dem Boden, die Pappteller auf den Beinen balancierend, mit Plastikgabeln angeln sie sich das, was ihr Teller hergibt, sie probieren vorsichtig den ungewohnten grünen Salat, Leuchten in den Augen. Am Ende sind alle Teller so sauber leer gegessen, als ob sie nie einen Löffel Essen gesehen hätten. – Der Pott war leer, unglaublich viele Mägen gefüllt, eine große Wärme im Raum, wohliges Beisammensein.

POTJIEKOS – nur einmal habe ich das Entstehen dieses Gerichts live erlebt – die Düfte und Geräusche, das Verrinnen der Zeit, die langsamen Handgriffe, das Herbeisehnen des Moments, da es ans Essen geht – darüber der Abendhimmel und die verblassenden Farben – und die Kinder, die im Moment des Essens völlig still jeden Bissen genießen – es ist ein gestochen scharfes Bild in meiner Erinnerung.

Uta Göbel-Groß

Künstlerin, Kunst-Dozentin . seit 2000 im Rahmen der Partnerschaft Aachen-Kapstadt in Kreativ-Projekten tätig. Kunst-Dozentin und Projektleitung für MURALs/Wandbildern . seit 2000 mehr als 15 Wandbildprojekte mit Jugendlichen von Partnerschulen & lokalen Künstlern in Südafrika & Europa. zwischen 2001 und 2011 insgesamt 7 Aufenthalte in CT.

„I love colours, paint, brushes, I love intense work on ideas, visions and crazy scales, I love to create big murals in teamwork, I love to share and learn and deepen my view into life and world. – The partnership makes me rich and feel at home and connected to people over distances. It makes my life colourful every single moment.“